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Uhren, Autos, Kunst

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Meg Cranston & John Baldessari – „Keep it Simple. Keep it Fresh.“ Installationsansicht, Michael Janssen Singapore, 2013 © Farn Dharma

“Hier wird für Kultur Geld ausgegeben”: Vor ein paar Monaten eröffnete der Berliner Galerist Michael Janssen eine Dependance in Singapur. Warum, erzählte er uns im Interview. 

Herr Janssen, aus welchen Gründen haben Sie sich entschieden, eine Dependance in den Gillman Barracks in Singapur zu eröffnen?

Ich hatte grundsätzlich Interesse an Asien. Per Zufall hörte ich von dem Projekt der Gillman Barracks und nahm Kontakt zum Economic Development Board in Singapur auf, der das Projekt federführend betreut.

Ursprünglich war es nur für südostasiatische Galerien konzipiert worden, man hat sich eher auf die asiatischen Regionen konzentriert und nicht auf Europa oder Amerika. Das EDB hat Eugene Tan als Kurator engagiert, der heute Abend unten in der Kunsthalle sein erstes Ausstellungsprojekt mit Künstlern aus Singapur vorstellt. Bisher sind 15 Galerien auf dem Gelände, weitere sollen hinzukommen.

Kann man hier von Kunst leben?

Wir werden sehen. Wenn man sich an die Preise ein bisschen gewöhnt hat, bleibt man schlank. Taxifahren ist noch das Preiswerteste hier. Die Mieten in Singapur sind heftig, aber günstiger als beispielsweise irgendwo in den Staaten. In den Gillman Baracks zahlen alle denselben Mietzins, aber es gibt spezielle individuelle Vereinbarungen und Sponsorings.

Wie steht es denn um die Verlässlichkeit?

Bis jetzt ganz gut, aber Gelder sind noch keine geflossen. Wie das mit der finanziellen Verlässlichkeit ist, wird sich zeigen, aber ich habe den Eindruck, dass man in Singapur sehr gewillt ist, das Ganze zu unterstützen.

Wie groß ist der bürokratische Aufwand, wenn man von außerhalb hier etwas aufbauen möchte?

Das ist kompliziert. Ich habe die Firma mit einem einheimischen Freund gegründet, denn sonst wäre es zu kompliziert geworden.

Sehen Sie sich als Botschafter für deutsche Kultur und Kunst in Singapur?

In den Galerieräumen stelle ich derzeit mit Baldessari und Cranston zwei amerikanische Künstler aus und zeige in den nächsten beiden Ausstellungen Peter Zimmermann und Christoph Steinmeyer, also Künstler aus dem Westen. Ich denke, dass dies von mir auch erwartet wird. Dann werde ich aber asiatische Kunst zeigen, und zwar nicht nur in Singapur, sondern auch in Berlin. Ich weiß erst seit August 2012, dass ich die Räume hier haben kann, und schon im September wurden die Gillman Barracks offiziell eröffnet. Man bat mich, eine Eröffnungsausstellung zu machen. Die Räume waren noch nicht renoviert, und alles war noch im Rohzustand.

Ich bat Rifky Effendy – er ist einer der Kuratoren für den indonesischen Pavillon auf der diesjährigen Biennale in Venedig –, eine Ausstellung mit indonesischen Street-Art-Künstlern zu kuratieren. Das Ergebnis war eine wirklich überaus spannende Ausstellung mit dem Titel „Blended by Desire“. Zusätzlich zeigten wir erstmalig den Film „Stereomongrel“ von Luis Gispert, den er 2005 in Zusammenarbeit mit Jeffrey Reed produziert hat. Das war in vier Wochen machbar, alles andere wäre zu kompliziert gewesen. Unter den rund 100 bis 120 Besuchern an den Wochenenden sind ein paar Interessierte, die sich auskennen, aber viele sind einfach neugierig. Was hier gezeigt wird, kennen die meisten Menschen nicht. Es gibt das Singapore Art Museum, in dem viel Wert auf den erzieherischen Auftrag gelegt wird, den Leuten Kunst nahezubringen. In diesem Fahrwasser bewegen wir uns.

Welches Konzept verfolgen Sie mit der aktuellen Ausstellung?

Bei Baldessari geht es nicht zuletzt um den Namen. Meg Cranston arbeitet seit einigen Jahren über Farbvoraussagen. Pantone trifft Vorhersagen, welche Farben in den kommenden Jahren die Farben der Saison sein werden. Daran richten Firmen der Mode- oder Automobilindustrie die Farbgebung ihrer Produkte aus. Meg Cranston hat die Farben gemeinsam mit Baldessari ausgesucht, der eigentlich bei seinen Bildern immer schwarz-weiß gearbeitet hat. Ihm schien diese neue Erfahrung aber
zu gefallen. Der Satz auf den gezeigten Bildern ist von Baldessari, es handelt sich um einen seiner 25 Ratschläge aus dem Jahre 1969, die er jungen Künstlern gibt. Dem an Figuration gewöhnten Publikum ist das natürlich zu spröde. Peter Zimmermann promote ich seit mehreren Jahren in Asien, ich habe ihn auf verschiedenen Messen gezeigt. Er ist inzwischen bekannt und kommt in Asien an, darauf kann man aufbauen. Nachdem ich 2007 auf der Messe in Shanghai Arbeiten von Zimmermann präsentiert habe, gab es ein Jahr später die ersten Kopisten, die wie Zimmermann gemalt haben. Das war auch eine interessante Erfahrung.

Meg Cranston & John Baldessari - „Keep it Simple. Keep it Fresh.“ (African Violet), 2013, Acrylic and enamel on canvas, 106,7 x 91,4 cm© Angela Guo, Courtesy: Galerie Michael Janssen Berlin/Singapore

Meg Cranston & John Baldessari – „Keep it Simple. Keep it Fresh.“ (African Violet), 2013, Acrylic and enamel on canvas, 106,7 x 91,4 cm
© Angela Guo, Courtesy: Galerie Michael Janssen Berlin/Singapore

Ist das hier erst mal ein Experiment für Sie?

Das ist ein für drei Jahre konzipiertes Experiment. Das sehen alle so, die den Vertrag unterschrieben haben. Danach wird entschieden, ob man weitermachen will. Bisher gehen die Geschäfte eher schleppend, es gibt hier noch zu wenig Leute, die sich auskennen, um die Sache am Laufen zu halten. Viele gehen zur Affordable Art Fair Singapore, kaufen sich ein Foto oder ein Bild und denken, sie hätten wunderschöne Sachen erworben. Haben sie auch, aber eben mit einem anderen Anspruch. In Singapur geht es eigentlich um Uhren und Autos. Um ein Auto zu kaufen, muss man erst mal eine Lizenz für ca. 40.000–50.000 Singapur Dollar erwerben. Die ist aber nicht so teuer wie das Auto, das im Vergleich zu europäischen Preisen ungefähr das Vierfache kostet.

Gibt es eine Kunstszene in Singapur?

Es gibt natürlich Künstler in Singapur, aber ich persönlich kenne nur Ming Wong. Er lebt in Berlin und ist das Aushängeschild der Singapurer Künstlerszene. Er wird oft auf Biennalen und Triennalen eingeladen. Ich bin gespannt, was hier noch zu entdecken ist. Mit der Kunstszene in Berlin ist Singapur nicht vergleichbar. Es gibt das Museum, einige gute Galerien, aber es hält sich bisher noch in Grenzen. Zu den Vernissagen gehen schon viele Leute. Hier wird Pionierarbeit geleistet.

Was wird in Singapur richtig gemacht?

Hier wird für Kultur Geld ausgegeben. Die Verantwortlichen haben auch eine genaue Vorstellung, einen Plan. Die Gillman Barracks sind ein gutes Beispiel: Da hatte wahrscheinlich irgendjemand in der Regierung eine schlaue Idee, dann holten sie sich Rat bei Experten, und dann wurde das mit den Galerien initiiert. Alles wird zügig organisiert und geregelt, bis hin zum Parkplatzservice. Es ist eigentlich relativ einzigartig.

Das Gespräch mit dem Berliner Galeristen Michael Janssen führte Jennifer Becker.

Galerie Michael Janssen Berlin
Potsdamer Str. 63, 10785 Berlin-Tiergarten
Rose Wylie – Works on paper
27.4.–1.6., Di–Sa 11–18h

Galerie Michael Janssen Singapore
Gillman Barracks
9 Lock Road #02-21, Singapore 108937
Peter Zimmermann – crystal & fruits, 18.5.–7.7.


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